Mit Florian Stumfall verlässt nach 52 Jahren Mitgliedschaft ein „Urgestein“ der ehemaligen Volkspartei die CSU. Hier seine Austrittserklärung.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Florian Stumfall war 52 Jahre lang CSU-Mitglied und 25 Jahre politischer Redakteur beim Bayernkurier, fünf Jahre außenpolitischer Referent in der CSU-Landesleitung – daneben teilweise Referent von Alfons Goppel im Parlament der EU und zuvor Referent der Hanns-Seidel-Stiftung. Das alles in der Ära Strauß. Wir dokumentieren seinen Austrittsbrief.
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
seit ich Ihre ersten Schritte im Landtag publizistisch begleitet habe, ist sehr viel anders geworden, vor allem die CSU. Ich will deshalb hier eine politische Summa der Politik der CSU und im besonderen die Rolle darstellen, welche die CSU als Koalitionspartner in den Regierungsjahren Merkel gespielt hat. Bilanzen aber müssen ehrlich sein, in diesem Falle schonungslos.
Nach Merkels Kanzlerschaft stellt sich der Zustand Deutschlands wie folgt dar:
Die Staatsschulden belaufen sich auf etwas über 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, was lediglich dem Umstand zu verdanken ist, daß wegen der Politik der EZB keine Zinsen gezahlt werden. Die Risiken aus den Target-Ansprüchen und solchen aus der Politik der EZB übertreffen die 2-Billionen-Grenze und somit jedes vernünftige Maß. Rechnet man zudem die implizierten Schulden, also die finanziellen Zusagen des Staates aus sozialen Ansprüchen der Bürger dazu, so beträgt das gesamte Soll rund 7,5 Billionen Euro. Dafür gibt es hier mit die höchsten Steuern und Abgaben weltweit.
Die Wirtschaft hält den Vergleich mit den Konkurrenten nicht mehr aus. Die Lohnstückkosten steigen, die Produktivität sinkt. Gerade diese beiden Parameter waren jahrzehntelang der Ausweis für die deutsche Leistungsfähigkeit. Was noch läuft, ist der Agenda 2010 des SPD-Kanzlers Schröder zu verdanken. Allerdings sind Arbeitsplätze im sechsstelligen Umfang wegen der Energiewende in Gefahr. Diese hat zu den höchsten Energiepreisen bei gleichzeitiger fataler Unsicherheit der Versorgung geführt. Wird sie weiterhin betrieben, droht die Deindustrialisierung Deutschlands.
Die innere Sicherheit ist nicht mehr gewährleistet. Vor allem in manchen Großstädten gibt es ganze Viertel, in denen wegen der Herrschaft kulturfremder Sippen deutsches Recht nicht mehr durchsetzbar ist. Hilfskräfte, Polizei, THW, Feuerwehr oder Rotes Kreuz werden bei Einsätzen immer öfter angegriffen Der Grund für eine solche Entwicklung ist die Politik der unbeschränkten Zuwanderung seit 2015. Jedes Jahr kommen Fremde im Umfang einer Großstadt ins Land, meist illegal und ohne daß sie von den Behörden notifiziert würden.
Weitere Folgen daraus: In der Sozialpolitik stellen die Alters- und Jugendarmut sowie die Wohnungsnot die größten Probleme dar. Ferner sinkt der Bildungsgrad der Bevölkerung auf breiter Front. Universitäten sind gezwungen, Orthographie-Kurse und solche für die Grundrechenarten einzurichten.
Das Justizwesen liegt darnieder. Oberstaatsanwalt Ralph Knispel von Berlin hat dies in seinem Buch: „Rechtsstaat am Ende“ gezeigt.
Nicht nur im Zusammenhang mit der Einwanderung hat das Recht weithin seine Bindungskraft verloren. So hat Merkel mit einem einzigen Satz während eines Interviews den Grundgesetzartikel 6, der den besonderen Schutz der Familie garantiert, ausgehebelt. Nur ein einziges weiteres Beispiel aus allzu vielen: Merkels Forderung vor der Welt, eine Landtagswahl müsse „rückgängig“ gemacht werden, zeugt von einem absoluten Unverständnis für demokratische und rechtsstaatliche Grundsätze.
Die Infrastruktur des Landes ist marode. Brücken und Straßen entsprechen nicht mehr dem Standard. Das Stromnetz ist überaltert und kann jederzeit kollabieren. Die Bahn ist dringend sanierungsbedürftig. Die traditionell zentralen Industriezweige, der Autobau, die Chemie und die Pharmazie befinden sich am Rande des Niedergangs. Das Gesundheitssystem ist ruinös. Es ist gekennzeichnet von Ärztemangel und Krankenhäusern, die hoffnungslos überlastet sind. In Deutschland, einst „Apotheke der Welt“, kommt es zu Engpässen bei der Versorgung mit Medikamenten. Außerdem ist das Konstrukt kaum mehr finanzierbar.
Das Medianvermögen der deutschen Haushalte beträgt 51400 Euro. Im Euroraum insgesamt liegt es bei 109000. In Griechenland beispielsweise ist es doppelt so hoch wie hierzulande. Bei der Digitalisierung, seit zwölf Jahren von Merkel immer wieder und wortreich beschworen, befindet sich Deutschland auf dem Niveau eines Schwellenlandes.
Die Bundeswehr steht vor der Handlungsunfähigkeit, soll aber international bis zur Überdehnung und ungeachtet des Völkerrechts immer mehr Aufgaben übernehmen trotz des würdelosen Rückzugs aus Afghanistan. Sie ist zum Gegenstand des öffentlichen Spotts geworden.
Die Meinungsfreiheit wird mehr und mehr eingeschränkt. Eine wesentliche Rolle spielt dabei das Netzwerkumsetzungsgesetz, das den Weg zu umfassender Kontrolle und Zensur freigibt. Medienleute oder Wissenschaftler, die nicht der Regierungs-Linie folgen, müssen mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes rechnen. Professor Bakhdi etwa hat wegen eines gescheiten aber mißliebigen Buches sein Institut verloren. Daß Leuten, die in den freien Medien unbequeme Themen behandeln, der Zugang zum System gesperrt wird, ist längst Alltag. Zudem werden auf Grund jenes Gesetzes einzelne Beiträge in großer Zahl gelöscht.
Die von Merkel über viele Jahre geführte CDU hat sich während dieser Zeit von einem stabilen Satz über der Marke von 40 Punkten verringert bis auf teilweise deutlich unter 20 Prozent. Die bürgerliche Mitte der Gesellschaft hat in der CDU kaum noch eine politische Repräsentanz. So trägt Merkel auch ursächlich Schuld an der Ausbreitung der AfD. Im Kielwasser der CDU schwimmend, hat auch die CSU unter dieser Entwicklung zu leiden.
Die Regierung bricht Gesetze und Verträge, so wie beim diktierten Ausstieg aus der Kernenergie. CDU und CSU springen über jedes Steckerl, das die Grünen ihnen hinhalten. So kann ich mir nicht vorstellen, daß Ihnen, Herr Vorsitzender, unbekannt geblieben wäre, daß es sich bei CO2 nicht um ein Schadgas, sondern um die Lebensgrundlage alles aeroben Lebens auf dem Planeten handelt. Es werden rückwirkende Gesetze erlassen. Verfassungsrechtlich garantierte Freiheiten werden per Rechtsverordnung außer Kraft gesetzt, wobei ein Virus den willkommenen Vorwand liefert.
Die Grenzöffnung, die Energiewende, die Unterdrückung der Meinungsfreiheit, die verschiedenen Euro-Rettungen, vor allem die EU-Politik der Auflösung nationaler Souveränität, welche den mit einem Widerstandsrecht bewehrten Artikel 20 GG verletzt – alles geschieht gegen Recht und Gesetz. Unter Merkel und mit der Unterstützung durch CDU und CSU hat Deutschland aufgehört, ein Rechtsstaat zu sein.
Das alles nach 16 Jahren Merkel und dies bei trotz des Niedergangs vorläufig immer noch prosperierender Wirtschaft und hohen Steuereinnahmen! Im günstigen Fall handelt es sich dabei um Versagen, im schlechteren um Destruktion.
Die CSU hat jede Entscheidung, die zu dieser verheerenden Bilanz geführt hat, kritiklos mitgetragen. Und es hat in 16 Jahren nie ein einziger Abgeordneter den Mut gefunden, im Bundestag aufzustehen und zu sagen: Frau Bundeskanzlerin, halten Sie ihren Amtseid und achten Sie das Recht!
Wer aber meint, damit sei es genug der Schrecken, der irrt. Das CSU-geführte Bundesinnenministerium hat den Entwurf zum Geschlechtseintragungs-Änderungsgesetz mit erarbeitet, der Kindern ab 14 Jahren die Entscheidung darüber gibt, welches Geschlecht sie haben wollen, unabhängig von einem Arzt und auch gegen den Willen der Eltern. Immerhin fürchtet man den Wähler und hält den Entwurf bis zum Wahltag weitgehend unter Verschluß. Hier wird der Schritt von einer katastrophalen Politik hin zum Verbrechen getan. Ungeachtet ihrer christlichen Referenz beteiligt sich die CSU an einer Sünde gegen die eigene Jugend, die in ihrer Verworfenheit an die Versuche von KZ-Ärzten erinnert.
Das ist nicht mehr die Partei, der ich vor 52 Jahren beigetreten bin, und für die ich ein Leben lang gearbeitet habe. Deshalb trete ich mit sofortiger Wirkung aus. Und die CSU täte einen Schritt der Ehrlichkeit, wenn sie das Franz-Josef-Strauß-Haus schnellstens umbenennen würde.
Denn früher hat die CSU dem Zeitgeist widerstanden und sogar der CDU etwas Halt gegeben. Heute beugt sie sich ihm in lustvoll-schmerzlicher Proskynese. Kennen Sie auch nur zehn Landtagsabgeordnete, welche die drei Prinzipien der Partei hersagen können, von der Bayern-Hymne ganz zu schweigen? Nein? Sehen Sie, in solch einem Zustand befindet sich die CSU!
Dieser Brief geht in Kopie an meinen Ortsvorsitzenden, Dr. Georg Kasberger, und ich behalte mir eine weitere Verwendung vor.
Ich bitte, mir kein Referenten-Spurschreiben zu schicken, ich kenne die Methode und empfände sie als entwürdigend. Vielmehr erwarte ich keine Antwort.
Dr. Florian Stumfall